Nun ist es da, das von den 5 Gemeinden erarbeitete Leitbild (Publikation_Leitbild): Schön gestaltet, gut gemacht erfüllt es die Erwartungen aber doch nur bedingt:
1. Es bildet den Prozess ab, der in den letzten Monaten durchlaufen worden ist. Ein intensiver, interessanter und auch beruhigender Prozess, der zeigt, dass die Anliegen und Ängste in den einzelnen Gemeinden weitgehend übereinstimmen: „Haben wir dann noch etwas zu sagen?“, „Was von den liebgewonnenen Institutionen verlieren wir?“, „Was geben wir auf?“, „Was erhalten wir?“. Die Ängste, von Aarau dominiert zu werden, die „Aarauer“ sagen dann, wo’s lang geht, sind aber weg. Plötzlich sind an einem Diskussionstisch 2 Suhrer, ein Oberentfelder, ein Densbürer und ein Aarauer und alle sehen die gleichen Probleme und Chancen. Keine Spur von Dominanz einer Gemeinde. An der Ergebniskonferenz war proportional Densbüren wohl am besten vertreten, am meisten Teilnehmer stellte Suhr vor Aarau. Entscheidend wurde das Interesse, das Argument, nicht die Herkunftsgemeinde. Es ist auch in den Köpfen der Teilnehmer schon mehr zusammengewachsen als Skeptiker wahrhaben wollen.
2. Aber noch ist kein Fleisch am Knochen: Das Leitbild ist auf einer Abstraktionshöhe, die jeder unterzeichnen kann. Konkreter werden allenfalls die Fragen, genannt „Handlungsfelder Fusionsanalyse“, die nun mit Fachleuten der einzelnen Gemeinden und wohl auch Dritten zu bearbeiten sind. Der Zwischenschritt „Leitbild“ war nötig, um die Interessierten in den Gemeinden teilnehmen zu lassen, die Problemfelder auszuloten. Er war, weil das zusammen erarbeiten auch zeigte, dass man gar nicht so weit voneinander entfernt ist. Weil man jetzt konkreter sieht, wo die grössten Chancen auszumachen wären, aber auch, wo allenfalls Stolpersteine sind, wo allenfalls Widerstände entstehen könnten. Aber es ist offensichtlich, die Fusionsanalyse ist unumgänglich, wenn man nicht nun alle Vorarbeit, alle intensiven Diskussionen „für die Katz“ gemacht haben will. Jetzt aussteigen kann man nur, wenn man gar nie Fusionsfragen diskutieren wollte, weil nicht sein soll, was nicht sein darf. Aus Suhr waren erfreulicherweise auch die grössten Skeptiker an den Veranstaltungen dabei, haben sich der Auseinandersetzung gestellt und damit von ihrer Verweigerungsposition Abstand genommen, das stimmt optimistisch. Demokratische Auseinandersetzung erlaubt, jede Meinung zu vertreten, aber nicht, die Diskussion zu verweigern.
3. Und noch etwas: Neben der konkreten Ausgestaltung der Fusionsidee sind wie versprochen auch die Alternativen aufzuzeigen: Die Vorstellung, dass die Fusion Unsicherheiten und Risiken mit sich bringt, während dem die möglichen Alternativen nur Vorteile hätten, ist wenig durchdacht und weltfremd. Die sogenannte IKZ (Interkommunale Zusammenarbeit), die etwas verbindlicher Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden regeln soll und aufzuzeigen hat, wie es dann gehen soll, wenn eine Gemeinde konkret sich nicht an den Kosten eines Projekts beteiligen will (wir erinnern uns an die KEBA Odyssee). Das echo hat sich schon verschiedentlich mit diesem Modell skeptisch auseinandergesetzt (Gemeindeverträge sind immer besser), hier wäre aufzuzeigen, was man daran wirklich verbessern könnte.
Und dann wäre auch einmal darüber nachzudenken, wie Suhr als eigenständige Gemeinde künftig seine Aufgaben längerfristig allein zu lösen hätte: Genügen dann die heutigen Strukturen und Mittel für die schnell stark gewachsene Bevölkerung? Was bedeutet es, wenn für das Gemeindepräsidium nur noch ein Kandidat gefunden werden kann, wenn geeignete Kandidaturen für die Ämter rar werden. Wieviel Verwaltungsaufwand brauchen wir bei einer Bevölkerungszahl von bald 12’000 Einwohner? Wie können wir die Legitimation der politischen Entscheide über die 2 – 3% Gemeindeversammlungsteilnehmer oft im Alter zwischen 50 und 80 Jahren verbessern und breiter abstützen? Wie sanieren wir die Bärenmatte, wenn einmal mehr als eine Pinselstricherneuerung ansteht? Wie finanzieren wir das bei stagnierendem Steuerertrag pro Einwohner, wieviel ist uns die Eigenständigkeit im Steuerfuss wert? Wie lösen wir Raumplanung/Verkehrsplanung in Suhr allein; können wir so den notwendigen Druck gegenüber dem Kanton aufbringen? Morgenrot oder drohende Wolken über dem Möbel Pfister?