Masseneinwanderung wo?

Natürlich ist es eine historische Tatsache, dass immer wenn man irgendwo Probleme hat oder glaubt zu haben, man Sündenböcke sucht dafür. Menschen neigen offenbar dazu, bei sorgen irgendwelcher Art Fremde verantwortlich zu machen für ihr Schiksal. Die SVP beackert das Thema denn auch seit Jahren geradezu fanatisch, andere Themen, mit denen so leicht Stimmen gefangen werden könnten, sind heute nicht in Sicht, wo in der Schweiz niemand ernsthaft an einen sofortigen EU-Beitritt denkt, solange die EU mit dem Euro vor sich her schlingert. Dann schlägt man halt weiterhin in die Ausländer-Kerbe.

Von Masseneinwanderung kann aber in der Schweiz nicht die Rede sein, auch wenn der lange gute Konjunkturverlauf in den letzten Jahren die Schweiz natürlich zu einem Einwanderungsland machte. Oder würden Sie in ein Land auswandern, dessen Wirtschaft am Boden liegt?

Und die Ausländer zeigen denn auch Leistung, das echo schrieb schon 2009 im Zusammenhang mit der Nichteinbürgerung junger Secondos in Suhr von den hervorragenden Leistungen der damaligen U17 an der Weltmeisterschaft (https://echosuhrerchopf.wordpress.com/2009/11/16/ein-zeichen-gesetzt/). Dass auch das A-Team unter der Regie des deutschen Hitzfeld nur noch einer oder zwei junge Fussballer hat, dessen Eltern schon Schweizerische Wurzeln hatten, wird jedem nach dem gestrigen EM-Qualifikationsspiel klar; Shaqiri ist da nur der momentan erfolgreichste. Und die Ausländer in der Schweiz leisten auch sonst ihren Teil, sei es auf dem Bau, in der Landwirtschaft und in vielen KMUs, immer mehr aber auch in den Schulstuben als Lehrpersonen, in den Spitälern von der Putzfrau bis zum Chefarzt und an den Hochschulen. Dass diese Leute auch Steuern zahlen und unsere Renten mitberappen, wird schnell vergessen, wenn man für verstopfte Züge und fehlende Wohnungen die Ausländer verantwortlich zu machen sucht. Die SVP weiss wohl selber, dass sie auf dem Holzweg ist, aber wenn halt Wahlen anstehen….

Ohne Personen aus dem Ausland geht in der Schweiz gar nichts mehr; tragen wir ihnen Sorge, heissen wir sie willkommen. Denn wenn sie nicht mehr einwandern, ist das ein untrügliches Indiz dafür, dass es uns in der Schweiz nicht mehr gutgeht. Und noch etwas, es sind ja gerade die Landwirte, die die polnischen und portugiesischen Landarbeiter rekrutieren, die KMUs die den Ausländerinnen und Ausländer Lehrstellen anbieten und sie beschäftigen, und damit oft mehr für deren Integration tun als andere, die nur davon sprechen     …aber wer wählt denn eigentlich SVP? und warum?

Suhr feiert mit aller Welt

Ja wirklich, die Suhrer Schule ist wohl mehr Multikulti als die WM in Südafrika: aus aller Welt, wie das Motto des diesjährigen Jugendfestes lautete. Und für einmal zeigte man sich stolz darüber, nicht nur der Schulpräsident Heiner Kilchsperger an der Eröffnungsfeier, sondern auch die vielen Festbesucher am Umzug und in den Beizlis, auch die weltoffen kroatisch, italienisch und auch etwas schweizerisch eben alle zusammen. Dass auch das Wetter uns das bisher schönste und (einzige) Sommerwochende bescherte zeigt, dass uns auch Petrus wohlgesinnt war und Suhr mit etwas Toleranz und Offenheit auf dem richtigen Weg ist. Dass die ungerechten Nichteinbürgerungen an der Gemeindeversammlung vor 10 Tagen ohne Diskussionen korrekt und anständig bereinigt und die Einbürgerungen gegen den Widerstand der letzten konsequenten Neinsager vollzogen worden sind, macht Hoffnung, dass Derartiges ausgedient hat. Weltoffenheit nicht nur am Jugendfest, sondern in der täglichen Arbeit in der Schule und in den Behörde, das macht Mut und tut gut. Weiter so.

Und wer sich ärgerte, dass die WSB mit Penetranz den Umzug verzögerte und sich in aller Gefährlichkeit, wenn auch im Schritttempo, den Weg durch die Festbesucher am Umzug bahnte, dem kann versichert werden, dass es das letzte Mal war. Ende Jahr verschwindet die WSB aus dem Ortsbild, das kostet viel Geld ist aber seit Jahren überfällig. Auch hier sind wir auf dem guten Weg. Verkehrspolitik ist langwierig, unspektakulär und mühsam. Wenn sie sich aber konsequent an den Bedürfnissen der ortsansässigen Bevölkerung ausrichtet und Verkehrssicherheit und Lebensqualität ins Zentrum rückt, dann ist auch hier etwas zu bewegen.

Einbürgerungen 2. Teil

Der Regierungsrat hat auf Beschwerde entschieden, dass die Gemeindeversammlung in Suhr nochmals wird über die im letzten Juni verweigerten drei Einbürgerungen entscheiden müssen, der Gemeinde Suhr bleiben Verfahrenskosten von über Fr. 10’000.

Die Vorgeschichte ist schnell erzählt: Weil ein junger Suhrer von einem aus dem Kosovo stammenden Jugendlichen niedergeschlagen und schwer verletzt worden war, verweigerte die Gemeindeversammlung auf Antrag des Vaters des Jugendlichen, der im Vorstand der FDP Suhr war, drei völlig unbescholtenen Jugendlichen aus  Serbien-Montenegro die Einbürgerung, um „ein Zeichen zu setzen“. Das echo hat schon darüber berichtet (am 18.6.09,  am 23.6.09, am 16.11.09). Nun hat der Regierungsrat nach einem Nichtentscheid des Verwaltungsgerichtes (mangels Zuständigkeit) erfreulich schnell entschieden, das Resultat überrascht niemanden, der an unsere Gesetze glaubt. Es war mit Sicherheit so zu erwarten, auch dass die Gemeinde nun die Kosten des Verfahrens von über 10’000 Franken zu tragen hat. Wie war das doch an der letzten Gemeindeversammlung , als die FDP das Budget durch Budgetstreichungsanträge im Unterhalt der Badi um einige tausend Franken zu entlasten versuchte. Wer spart hier Geld und wer wirft es zum Fenster hinaus, um seine Ausländerfeindlichkeit populistisch auszuschlachten?

Das „gesetzte Zeichen“ ist verblasst, schreibt die AZ. Das echo meint nach wie vor, dass sich die politisch schwierigen Fragen von Integration, Einbürgerung und Jugendgewalt nicht auf Stammtischniveau lösen lassen. Wer glaubt, daraus seine politische Suppe kochen zu können, ist auf dem Holzweg. Das echo ist zuversichtlich, dass eine Mehrheit der Gemeindeversammlungsteilnehmer diesen falschen, demagogischen Rezepten nicht nochmals aufliegt und die Einbürgerungen im nächsten Juni vornimmt. Es bleibt die Erkenntnis, dass die Gemeindeversammlung nicht vor derartigen Bauchentscheiden gefeit ist und es bleiben Kosten zu Lasten aller Steuerzahlenden in Suhr. Wo wohl die FDP dieses Geld wieder einzusparen versucht?